Paint as Flesh
Ab den 1950er-Jahren begannen sich die Konzepte des Realismus aufzulösen. Im Mittelpunkt standen nun eher die Auseinandersetzung mit dem Modell, die Materialität des menschlichen Körpers und der expressive Einsatz der Farbe. Die für den Realismus der Zwischenkriegszeit charakteristische glatte Oberfläche und akribisch genaue Wiedergabe des Körpers wichen einer ausdrucksstarken Behandlung der Farbe als solcher. Textur und Eigengewicht des pastosen Farbauftrags gewannen in dieser Zeit eine eigenständige Realität und verwiesen zugleich auf die materielle Qualität des Fleisches.
Dem Titel zum Trotz war die Figur in diesem Gemälde ursprünglich offenbar als Mann angelegt, dessen Genitalien nur notdürftig mit einer dünnen Farbschicht überdeckt wurden. Die dicht ausgearbeitete Modellierung verrät in ihrem stockenden, nicht flüssigen Duktus eine gewisse Unsicherheit, die dadurch verstärkt wird, dass Francis Bacon die Figur aus ihrer ursprünglichen Leinwand ausschnitt und auf den jetzigen Träger klebte, auf den der Hintergrund gemalt wurde. Der Kontrast zwischen den Oberflächen ist stark betont: Während sich die Figur durch einen pastosen Farbauftrag auszeichnet, besteht der Hintergrund aus einer flachen, dünnen Farbschicht. Die Trennlinie zwischen beiden hob der Künstler durch eine markante Umrisslinie hervor, die er auf der neuen Leinwand rings um die Schnittkante aufmalte.